Mitgemeint ist eine Zumutung. Der Vorwurf, Frauen seien nur mitgemeint, bezieht sich auf die Verwendung des grammatischen Maskulinums bei gleichzeitiger Intention, beide Geschlechter zu adressieren. Wer von Lehrern oder Polizisten spricht, aber auch Lehrerinnen und Polizistinnen meint, der muss sich von interessierter Seite den Tadel gefallen lassen, Frauen seien in seiner Wortwahl bloss mitgemeint, sprachlich damit unterrepräsentiert und marginalisiert und folglich unterdrückt.
Nun zu etwas ganz anderem: In Mithu Sanyals Roman “Identitti”, der hochgelobt und mit literarischen Preisen bedacht wurde, aber überwiegend so aufregend ist wie ein Stück trockenen Brotes (wobei der einzige Lichtblick die selbstironische innere Zwiesprache mit der Göttin Kali ist), geht es von der ersten bis zur letzten Seite um ein soziales Milieu in Deutschland, in dem sich die ganze Existenz um Herkunft und Hautfarbe dreht.
Ob es solche Milieus wirklich gibt oder der ganze Roman nicht eher als Satire auf die Postkoloniale Theorie und ihre Anhänger (Frauen sind mitgemeint) zu verstehen ist, sei einmal dahingestellt. Ungleich bemerkenswerter sind die Personengruppen, die den Roman bevölkern: Die Deutschen ohne und die Deutschen mit Migrationshintergrund, wobei letztere ihre Wurzeln ausschliesslich in Indien haben.
Personen etwa, die einen marokkanischen, iranischen, brasilianischen, vietnamesischen, türkischen oder italienischen Migrationshintergrund haben, kommen in dem Roman nicht vor. Was für Indo-Deutsche gilt, soll kurzerhand auch für alle anderen gelten, deren Wurzeln ausserhalb Deutschlands liegen. So geht es also zu in der Welt derer, für die sich alles um die ethnische Identität dreht: Nur die eigene Community zählt, wenn es darum geht, eine Front gegen die Nicht-Eingewanderten aufzubauen. Alle anderen sind nur mitgemeint. Den Rest mag sich jeder selber denken.
[Wiederhergestellt]
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