Wieder und wieder fallen westliche Beobachter auf die Inszenierung des Khomeini-Regimes herein, Iran als normales Land darzustellen, das lediglich zwischen Hardlinern und Reformern gespalten sei, wo doch in Wahrheit die Mehrheit der Iraner die Diktatur ablehnt. Einer, der dieses Spiel durchschaut hat, ist der kroatische Reiseschriftsteller Claudio Magris.

«Er ist erstaunlich zu hören, wie selbst Leute in bestimmten Positionen (…) die Regierung offen kritisieren (…). Manchmal wirkt die Kritik geradezu künstlich, wie von den Behörden vorgegeben, um bei den Ausländern den Eindruck eines freien Landes zu erwecken.»

Zwar ist auch Magris nicht ganz vor den Narrativen der Islamischen Republik gefeit (so glaubt er an einen Putsch von 1953), aber er hat das System besser erkannt als viele der sogenannten Nahost-Experten heutzutage – und das schon vor mehr als zwanzig Jahren.


Claudio Magris: «Wasser und Wüste» [2004], wiederabgedruckt in: ders. 2009. Ein Nilpferd in Lund: Reisebilder. Mümchen: Hanser, S. 198.