Kürzlich hatte ich das Vergnügen, Luis Buñuel auf der Bühne zu erleben, natürlich nicht ihn persönlich, der schon lange nicht mehr unter den Lebenden weilt, sondern in Form eines Stückes, das sich “Der Würgeengel” nennt, von Psalmen und Popsongs handelt und an das gleichnamige surrealistische Filmdrama Buñuels anlehnt.
Es war mein Geburtstag, passenderweise, da schaue ich mir also an, was ein guter Freund ein wenig despektierlich eine “grossartige Inzenierung von grossartigem Sch***” genannt hat, weswegen er sich das Stück auch sparte. Kann man natürlich machen, ein Heidenspass war es trotzdem, irgendwie: Fünf Personen erwachen in einem Raum, ohne zu wissen, wie sie dorthin gekommen sind.
Draussen lauert etwas Unheimliches, jedenfalls glauben sie das, weswegen sie sich nicht trauen, den Raum zu verlassen. So wird gestritten und geliebt und immer wieder gesungen, wobei Sandra Hüller fast alle Popsongs alleine vortragen durfte, begleitet von einer Kirchen- und einer Hammondorgel, während die Psalmen im Chor gesungen wurden.
Eine Kamera, die am Bühnenrand auf einer Scheine vor und zurück lief, projizierte einzelne Gesichter minutenlang in schwarzweiss auf einer rechteckigen Leinwand im Hintergrund der Bühne – eine Referenz an den Buñuel’schen Film. Zwischendurch betrat ein junges Mädchen die Bühne, um einen Vortrag über das Perlboot zu halten, womit das surreale Element zugunsten eines ökologisch-aktivistischen zurücktrat.
Man musste das ganze nicht besonders mögen oder gar begreifen, um es beeindruckend zu finden, und so gab es stehende Ovationen im ausverkauften Haus. War doch was!