Kürzlich war ich auf zwei Tagungen des Muslimischen Forums Deutschland (MFD), eine in Bad Honnef und eine in Hamburg, die in Kooperation mit der Konrad-Adenauer-Stiftung und im ersten Falle auch noch mit der Evangelischen Kirche in Rheinland stattfanden. Dabei ging es um den Islam, die Zivilgesellschaft und die Reformation und was mir sehr angenehm auffiel, war, dass dort fast nur Leute, sowohl unter den Referenten als auch im Publikum, zugegen waren, mit denen man ohne die üblichen ideologischen Scheuklappen, wie man sie aus dem universitären Milieu kennt, kritisch über den Islam diskutieren konnte.

Gerade an den Universitäten nämlich hat sich eine Atmosphäre der Intoleranz breitgemacht, die jeden Ansatz einer kritischen Betrachtung des Islam als anstössig verwirft. Stattdessen herrscht die grosse Gleichmacherei: Entweder sind alle Religionen gleichermassen gewaltaffin oder gar keine Religion, sind alle gleichermassen modern oder gleichermassen reformbedürftig – sobald es um eine globale Betrachtung geht, wird Differenzierung wenig goutiert. Es spricht für das MFD, dass von den Verantwortlichen eine kritische Herangehensweise an den Islam nicht verurteilt wird, sondern geradezu erwünscht ist, solange dies mit aufklärerischer Intention geschieht und nicht einer Diffamierung des Islam Vorschub leistet.

Auf beiden Tagungen bildeten Muslime übrigens mindestens die Hälfte der Anwesenden und auch wenn deren Zahl recht klein war (nicht mehr als dreissig), so wurde doch einmal mehr deutlich, dass es fortschrittliche Kräfte in der muslimischen Community gibt, die die ewige Islamapologetik satt und vielmehr begriffen haben, dass selbst eine prononcierte Kritik am Islam nicht zu dessen Untergang führt, sondern eine Herausforderung darstellt, an der die Community wachsen kann.

Immerhin gibt es schon längst eine umfassende Kritik am Christentum und keineswegs nur an dem, was die Kirche oft in dessen Namen angerichtet hat, sondern an seinen Grundlagen, nicht zuletzt an der Offenbarung selbst. Da kann es kein Skandal sein, auch den Islam einer solchen Kritik zu unterziehen, denn darin ist Hannah Arendt rechtzugeben: Ein Charakteristikum der Moderne liegt in der Bereitschaft, Religionskritik zu üben und für legitim zu erachten (vgl. mein Buch Zwischen Religion und Politik, S. 67). In dieser Hinsicht waren die beiden Tagungen in Bad Honnef und Hamburg wirklich ein Genuss und da kann man nur sagen: Bitte mehr davon!

Hier geht’s zu den Pressemitteilungen:

http://www.ev-akademie-rheinland.de/Pressemitteilung-Solidargemeinschaft-Muslime-401.php

http://www.kas.de/hamburg/de/publications/48752/