Bin ich eigentlich der einzige, dem das auffällt? So habe ich lange Zeit gedacht. In den zahlreichen Romanen, die ich gelesen oder angelesen habe, finde ich neben Stilblüten vor allem langatmige Reflexionen und Betrachtungen, überhaupt eine zähflüssige Fabulierei, der allerdings kaum Handlung, kaum Plot gegenübersteht. Nun, ich bin wohl doch nicht der einizge, der das moniert, wie ein Kommentar in der NZZ zeigt:

«Denn was gibt es Langweiligeres, Stagnierenderes, Weltfremderes als einen Text, der zwar schön geschrieben ist, ausser Selbstkritik und Selbstreferenzialität aber nichts Erzählerisches transportiert? Auf die Gefahr hin, dass jetzt jeder formbesessene Buchpreis-Juror die Hände über dem Kopf zusammenschlägt, weil ihm der Plot verdächtig bürgerlich oder kommerziell vorkommt: Die Handlung ist spätestens seit Homers «Odyssee», Aristoteles’ «Poetik» oder den moralischen Geschichten aus der Bibel das wichtigste erzählerische Prinzip.»

Anlass dieser trefflichen Philippika aus der Feder der noch sehr jungen Zelda Biller ist die Auszeichnung einer Schweizer Schriftstellerin mit einem Schweizer Buchpreis und richtet sich gegen den deutschsprachigen Literaturbetrieb insgesamt, hätte aber ebenso gut auf Belletristik ausserhalb dieses Raumes gepasst.

Dabei schliessen sich literarischer Anspruch und starker Plot nicht aus. Die Amerikaner haben hierfür den Ausdruck «Upmarket Literature» geschaffen, was einfach Literatur mit einem Plot ist, also das Tiefgründige mit einer vordergründig spannenden oder rasanten Handlung verbindet, die die Geschichte vorantreibt.

Beispiele für eine solche Literatur gibt es nicht viele, aber nennen lassen sich immerhin Amélie Nothombs «Blaubart», Haruki Murakamis «Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki» oder Joann Sfars «Piotrs Reise» – wahre und tiefe Literatur, die nicht fabuliert und ihre Leserschaft nicht langweilt. Es lebe der Plot, es lebe die Handlung!